Kulturverein
Schloss Eulenbroich, Rösrath
2019
Romana Rebbelmund
Who is afraid of blue, yellow and green II – 2018, Pigmente auf Segeltuch, 140 x 120 cm
Sehr
verehrte Damen, sehr geehrte Herren,
der Titel der heute beginnenden Ausstellung lautet »Who is afraid of blue, yellow and green?«, also »Wer hat Angst vor Blau, Gelb und Grün?«. Gemeint ist aber nicht die wortwörtliche Angst vor Farben, es handelt sich vielmehr um eine kunstgeschichtliche Paraphrase, also um eine Übertragung einer begrifflichen Fügung in einen anderen, neuen Kontext: 1966 verlieh der amerikanische Maler Barnett Newman einem Gemälde den Titel »Who is afraid of red, yellow and blue?«. Es war das erste von vier großformatigen, aus rein abstrakten Farbfeldern bestehenden Bildern. Der Titel bezog sich formal darauf, dass die jeweilige Bildfläche ausschließlich aus den Farben Blau, Rot und Gelb bestand – genauer gesagt, dass eine riesige rote Fläche von einem blauen und einem gelben Streifen begrenzt wurde. Ich möchte nun gar nicht auf die Deutungsvarianten dieser Farbfeldmalerei eingehen, wohl aber auf die Wurzeln ihres Titels. Bereits in der Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts wurde immer wieder der »Tod der Malerei« beklagt: Da war 1915 das »Schwarze Quadrat auf weißem Grund« von Kasimir Malewitsch, ab 1917 entwickelte Piet Mondrian eine ebenfalls abstrakte Malerei, die auf den Grundfarben plus den Nichtfarben Schwarz und Weiß basierte. Die Frage lautete damals: Kann es Werke geben, die noch abstrakter sind? Und: Ist die Malerei damit an einem Endpunkt?
Barnett Newman wusste natürlich um diese Diskussionen, setzte der negativen, gedanklichen Schwarzmalerei aber mit seinem Titel noch einen obendrauf: Mit »Who is afraid of red, yellow and blue« nahm er Bezug auf das 1962 uraufgeführte Theaterstück »Who is afraid of Virginia Woolf?« von Edward Albee, dieses wiederum bezieht sich auf das Kinderlied »Who is afraid of the big bad wolf?«, »Wer hat Angst vor dem großen, bösen Wolf«, aus der lehrhaften Parabel »The three little pigs«, »Die drei kleinen Schweinchen«.
Catharina de Rijke nimmt den vielschichtigen Titel Barnett Newmans auf, verändert ihn aber dahin gehend, dass nicht mehr die drei Grundfarben das Thema bilden, sondern zwei Grundfarben und ihre Mischfarbe: Blau, Gelb und Grün. Die Künstlerin arbeitet stets mit Mischfarben, also mit gebrochenen, abgemischten Tönen – im übertragenen Sinne kommt es dadurch zu einem Bruch mit der Tradition der Klassischen Moderne, wie sie von Malewitsch oder Mondrian vertreten wurde. Die eingangs erwähnte Fragestellung vom »Tod der Malerei« liegt also längst in der Vergangenheit, wenngleich das Geschichtsbewusstsein nach wie vor eine wesentliche Rolle spielt.
Im Œuvre von Catharina de Rijke haben die Reflexion von Kunstgeschichte, Geschichte, Natur und persönlichem Erleben einen festen Platz. So bildet das großformatige Gemälde »Watercurtain« den thematischen Auftakt innerhalb der Ausstellung. Als gebürtige Niederländerin – ihre Familie stammt aus Zeeland – hat Catharina de Rijke eine besondere Beziehung zum Wasser, zur Nordsee aber auch zum Rhein, der ihre Heimat wie auch ihre Wahlheimat Köln miteinander verbindet. Und so kann man in der Komposition beispielsweise das Fließen des Wassers, das grünliche Schillern oder das Glitzern der Oberfläche nachempfinden. Die Geschichte und Tradition der Niederlande spielt immer wieder eine wichtige Rolle in der künstlerischen Auseinandersetzung von Catharina de Rijke. Eine besondere Inspiration für die Ausstellung hier in Schloss Eulenbroich gewann sie durch die örtlichen Gegebenheiten, konkret durch die Ausstattung der Wände mit weiß-blauen Fliesen.
Die
niederländische Stadt Delft, in der de Rijke einen Teil ihres
Studiums absolvierte, war im 17. und 18. Jahrhundert über die
Grenzen hinaus für ihre weiß-blauen Fayence-Produkte bekannt. Unter
Fayence versteht man eine Keramik, deren rötlicher oder grauer Ton
durch eine weiße Zinnglasur verdeckt ist. Eine besondere Spezialität
der Delfter waren hierbei die Fliesen, die zur Innendekoration der
gehobenen niederländischen Wohnkultur gehörten. Als Vorbild für
die Dekoration der Keramiken diente chinesisches Porzellan. Man
versuchte dieses, da es in Europa erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts
nacherfunden wurde, mit weißer Glasur und blauer Farbe nachzuahmen.
Eine Besonderheit der Motive stellten die so genannten Eckmotive dar.
Sie erlauben es, beim Zusammenführen der Fliesen zu Tableaus weitere
Ornamente in einer Art Kleeblatttechnik zu erzielen.
In einer früheren Installation setzte Catharina de Rijke Scherben von traditionellen Delfter Fliesen ein, aktuell entstand nun eine Serie von sieben Gemälden, die diese Scherben und Fragmente als Inspirationsquelle haben. Die Kompositionen mit dem Übertitel »Delfts Blau« haben kein quadratisches sondern ein rechteckiges Format und sind in einer komplexen Mischtechnik ausgeführt – flüssige und trockene Farbmittel, Malerei und Monotypie kamen zum Einsatz, so dass teilweise eine räumliche Tiefenwirkung entsteht. Anders als ihre kleinen keramischen Schwestern, die figürliche oder ornamentale Darstellungen besitzen, bewegen sich die Gemälde in einer Art Grauzone zwischen figürlich und abstrakt – es können im Auge des Betrachters auch Figuren entstehen. Sehr spannend an der Serie ist, dass die Gemälde unterschiedlich zusammengestellt werden können. Dies stellt eine Erweiterung der Anlage der Fliesentableaus mit ihren aufeinander bezogenen Eckmotiven dar. Verschiedene Werke passen also ihrer Bildanlage nach zusammen – jedoch ohne dass die Künstlerin dies bewusst gesteuert hat. Der feste Rapport der traditionellen Fliesen weicht hier einem freien, assoziativen Zugang.
Um das Nachspüren und Aktualisieren dieser keramischen Tradition geht es auch in der zweiteiligen Arbeit »Das Wüten der Welt«. Hintergrund ist die Fragestellung, was auf den Handelswegen zwischen China und Europa im Zeitalter des Barocks transportiert wurde – neben den tatsächlichen chinesischen Porzellanen und Delfter Fayencen. Die Motive aus den unterschiedlichen Kulturkreisen wurden beispielsweis hin und wieder missverstanden. Kuriose Dekore auf erhaltenen Museumsstücken, wie eine unbekleidete Venus, die von zwei Chinesen betrachtet wird, legen Zeugnis von dem durchaus vorhandenen Konfliktpotential ab.
In »Das Wüten der Welt« sind die Arbeiten als Diptychon angelegt und beziehen sich mit zwei fast schon gespiegelten, figürlich anmutenden Gruppen kompositorisch aufeinander. Während die rechte Formation im vorherrschenden gebrochenen Weiß mit wenigen hervorscheinenden blauen Spuren mehr zu erahnen als zu sehen ist, tritt diese bei der linken Gruppe in kräftigerem Blau hervor. Die Malerei verharrt in einem Zustand der dem keramischen Prozess entspricht: Die Farbe des Dekors zeigt sich sowohl bei der Fayence als auch beim Porzellan erst im Glasurbrand; der Staffierer, also der Maler des Dekors, arbeitet mit in diesem Zustand weißlich-grauen Farben, die sich erst im Brennvorgang zu leuchtenden Tönen verändern. Auch die trockene Oberfläche der Malerei entspricht dem noch rauen Zustand der Keramik vor dem Brand.
Die dritte Gruppe, bei der Aspekte der Delfter Fliesen thematisiert und kompositorisch umsetzt werden, ist die ebenfalls zweiteilige Arbeit »Das Paradies ist Nebenan«. Ausgangspunkt der Kompositionen sind assoziierte intakte Fliesen. Während diese bei »Das Paradies ist Nebenan I« den gesamten Bildgrund bedecken und nur im unteren Drittel von einer freien blauen Form überspült werden, treten sie bei »Das Paradies ist Nebenan II« losgelöster im Hintergrund auf und scheinen sich zur Bildmitte hin wiederum in gekratzten Farbspuren als Bruchstücke aufzutürmen. Zusammengehalten wird diese Komposition von einer feinen, malerischen Rahmenlinie. Der Titel »Das Paradies ist Nebenan« lässt nun einige Gedankenspiele zu: Wörtlich genommen müsste aus der Position des einen Gemäldes das »Paradies« ja auf dem anderen zu finden sein und ebenso umgekehrt – ein unauflösliches Paradoxon entsteht. Und welches »Paradies« gemeint ist, bleibt ebenso offen.
Um nun zurückzukehren zur Ausgangsfragestellung in Bezug auf den Titel und der Frage »Who is afraid of the big bad wolf?« gibt die Parabel von den drei kleinen Schweinchen eine gedankliche Hilfestellung: Der böse Wolf kann zwar das aus Stroh und das aus Zweigen gebaute Haus vernichten, gegen das Steinhaus, in dem dann alle drei Zuflucht finden, kann er nichts ausrichten. Ist das also im übertragenen Sinne das »Paradies«?
»Who is afraid of blue, yellow and green?« lautet nicht nur der Titel dieser Ausstellung sondern auch der Titel zweier Kompositionen, die wie die bereits besprochenen Gruppen formal und inhaltlich aufeinander bezogen sind. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Gemälde aus wolkig ineinander verwobenen Farbschleiern mit zarten Blau- und Gelbtönen zu bestehen. Nach längerem Hinsehen mag sich jedoch die eine oder andere Figur identifizieren lassen – vielleicht eine Frau oder ein Hund, die einander entgegenstehen? Der gewählten Formensprache zum Trotz hebt die sanfte und helle Farbigkeit den möglichen Konflikt auf und lässt eine heitere Stimmung entstehen. Eine kleine Papierarbeit aus dem Jahr 2006, die »Hommage an Johannis Vermeer«, strahlt eine ähnlich friedvolle Stimmung aus. Die Komposition greift das Gemälde »Die Spitzenklöpplerin« von Jan Vermeer von Delft aus dem Jahr 1664 auf, reduziert diese auf wenige Farbwerte mit einem beherrschenden Gelb. An diesem Gelb wird schön der Unterschied zur aktuellen Serie deutlich: Während dieses einen wärmeren Farbton mit erdigen Nuancen besitzt, fließt in das kühlere Gelb von »Who is afraid of blue, yellow and green?« eine grünliche Note ein. Blau und Gelb vermischen sich fast unmerklich zu Grün.
Ich wünsche Ihnen nun einen spannenden Ausstellungsbesuch mit manchen Entdeckungen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
der Titel der heute beginnenden Ausstellung lautet »Who is afraid of blue, yellow and green?«, also »Wer hat Angst vor Blau, Gelb und Grün?«. Gemeint ist aber nicht die wortwörtliche Angst vor Farben, es handelt sich vielmehr um eine kunstgeschichtliche Paraphrase, also um eine Übertragung einer begrifflichen Fügung in einen anderen, neuen Kontext: 1966 verlieh der amerikanische Maler Barnett Newman einem Gemälde den Titel »Who is afraid of red, yellow and blue?«. Es war das erste von vier großformatigen, aus rein abstrakten Farbfeldern bestehenden Bildern. Der Titel bezog sich formal darauf, dass die jeweilige Bildfläche ausschließlich aus den Farben Blau, Rot und Gelb bestand – genauer gesagt, dass eine riesige rote Fläche von einem blauen und einem gelben Streifen begrenzt wurde. Ich möchte nun gar nicht auf die Deutungsvarianten dieser Farbfeldmalerei eingehen, wohl aber auf die Wurzeln ihres Titels. Bereits in der Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts wurde immer wieder der »Tod der Malerei« beklagt: Da war 1915 das »Schwarze Quadrat auf weißem Grund« von Kasimir Malewitsch, ab 1917 entwickelte Piet Mondrian eine ebenfalls abstrakte Malerei, die auf den Grundfarben plus den Nichtfarben Schwarz und Weiß basierte. Die Frage lautete damals: Kann es Werke geben, die noch abstrakter sind? Und: Ist die Malerei damit an einem Endpunkt?
Barnett Newman wusste natürlich um diese Diskussionen, setzte der negativen, gedanklichen Schwarzmalerei aber mit seinem Titel noch einen obendrauf: Mit »Who is afraid of red, yellow and blue« nahm er Bezug auf das 1962 uraufgeführte Theaterstück »Who is afraid of Virginia Woolf?« von Edward Albee, dieses wiederum bezieht sich auf das Kinderlied »Who is afraid of the big bad wolf?«, »Wer hat Angst vor dem großen, bösen Wolf«, aus der lehrhaften Parabel »The three little pigs«, »Die drei kleinen Schweinchen«.
Catharina de Rijke nimmt den vielschichtigen Titel Barnett Newmans auf, verändert ihn aber dahin gehend, dass nicht mehr die drei Grundfarben das Thema bilden, sondern zwei Grundfarben und ihre Mischfarbe: Blau, Gelb und Grün. Die Künstlerin arbeitet stets mit Mischfarben, also mit gebrochenen, abgemischten Tönen – im übertragenen Sinne kommt es dadurch zu einem Bruch mit der Tradition der Klassischen Moderne, wie sie von Malewitsch oder Mondrian vertreten wurde. Die eingangs erwähnte Fragestellung vom »Tod der Malerei« liegt also längst in der Vergangenheit, wenngleich das Geschichtsbewusstsein nach wie vor eine wesentliche Rolle spielt.
Im Œuvre von Catharina de Rijke haben die Reflexion von Kunstgeschichte, Geschichte, Natur und persönlichem Erleben einen festen Platz. So bildet das großformatige Gemälde »Watercurtain« den thematischen Auftakt innerhalb der Ausstellung. Als gebürtige Niederländerin – ihre Familie stammt aus Zeeland – hat Catharina de Rijke eine besondere Beziehung zum Wasser, zur Nordsee aber auch zum Rhein, der ihre Heimat wie auch ihre Wahlheimat Köln miteinander verbindet. Und so kann man in der Komposition beispielsweise das Fließen des Wassers, das grünliche Schillern oder das Glitzern der Oberfläche nachempfinden. Die Geschichte und Tradition der Niederlande spielt immer wieder eine wichtige Rolle in der künstlerischen Auseinandersetzung von Catharina de Rijke. Eine besondere Inspiration für die Ausstellung hier in Schloss Eulenbroich gewann sie durch die örtlichen Gegebenheiten, konkret durch die Ausstattung der Wände mit weiß-blauen Fliesen.
»Und so kann man in der Komposition beispielsweise das Fließen des Wassers, das grünliche Schillern oder das Glitzern der Oberfläche nachempfinden.«
In einer früheren Installation setzte Catharina de Rijke Scherben von traditionellen Delfter Fliesen ein, aktuell entstand nun eine Serie von sieben Gemälden, die diese Scherben und Fragmente als Inspirationsquelle haben. Die Kompositionen mit dem Übertitel »Delfts Blau« haben kein quadratisches sondern ein rechteckiges Format und sind in einer komplexen Mischtechnik ausgeführt – flüssige und trockene Farbmittel, Malerei und Monotypie kamen zum Einsatz, so dass teilweise eine räumliche Tiefenwirkung entsteht. Anders als ihre kleinen keramischen Schwestern, die figürliche oder ornamentale Darstellungen besitzen, bewegen sich die Gemälde in einer Art Grauzone zwischen figürlich und abstrakt – es können im Auge des Betrachters auch Figuren entstehen. Sehr spannend an der Serie ist, dass die Gemälde unterschiedlich zusammengestellt werden können. Dies stellt eine Erweiterung der Anlage der Fliesentableaus mit ihren aufeinander bezogenen Eckmotiven dar. Verschiedene Werke passen also ihrer Bildanlage nach zusammen – jedoch ohne dass die Künstlerin dies bewusst gesteuert hat. Der feste Rapport der traditionellen Fliesen weicht hier einem freien, assoziativen Zugang.
Um das Nachspüren und Aktualisieren dieser keramischen Tradition geht es auch in der zweiteiligen Arbeit »Das Wüten der Welt«. Hintergrund ist die Fragestellung, was auf den Handelswegen zwischen China und Europa im Zeitalter des Barocks transportiert wurde – neben den tatsächlichen chinesischen Porzellanen und Delfter Fayencen. Die Motive aus den unterschiedlichen Kulturkreisen wurden beispielsweis hin und wieder missverstanden. Kuriose Dekore auf erhaltenen Museumsstücken, wie eine unbekleidete Venus, die von zwei Chinesen betrachtet wird, legen Zeugnis von dem durchaus vorhandenen Konfliktpotential ab.
Das Wüten der Welt I – 2019
Pigmente, Kreide und Acryl auf Leinwand, 160 x 100 cm
Pigmente, Kreide und Acryl auf Leinwand, 160 x 100 cm
In »Das Wüten der Welt« sind die Arbeiten als Diptychon angelegt und beziehen sich mit zwei fast schon gespiegelten, figürlich anmutenden Gruppen kompositorisch aufeinander. Während die rechte Formation im vorherrschenden gebrochenen Weiß mit wenigen hervorscheinenden blauen Spuren mehr zu erahnen als zu sehen ist, tritt diese bei der linken Gruppe in kräftigerem Blau hervor. Die Malerei verharrt in einem Zustand der dem keramischen Prozess entspricht: Die Farbe des Dekors zeigt sich sowohl bei der Fayence als auch beim Porzellan erst im Glasurbrand; der Staffierer, also der Maler des Dekors, arbeitet mit in diesem Zustand weißlich-grauen Farben, die sich erst im Brennvorgang zu leuchtenden Tönen verändern. Auch die trockene Oberfläche der Malerei entspricht dem noch rauen Zustand der Keramik vor dem Brand.
Die dritte Gruppe, bei der Aspekte der Delfter Fliesen thematisiert und kompositorisch umsetzt werden, ist die ebenfalls zweiteilige Arbeit »Das Paradies ist Nebenan«. Ausgangspunkt der Kompositionen sind assoziierte intakte Fliesen. Während diese bei »Das Paradies ist Nebenan I« den gesamten Bildgrund bedecken und nur im unteren Drittel von einer freien blauen Form überspült werden, treten sie bei »Das Paradies ist Nebenan II« losgelöster im Hintergrund auf und scheinen sich zur Bildmitte hin wiederum in gekratzten Farbspuren als Bruchstücke aufzutürmen. Zusammengehalten wird diese Komposition von einer feinen, malerischen Rahmenlinie. Der Titel »Das Paradies ist Nebenan« lässt nun einige Gedankenspiele zu: Wörtlich genommen müsste aus der Position des einen Gemäldes das »Paradies« ja auf dem anderen zu finden sein und ebenso umgekehrt – ein unauflösliches Paradoxon entsteht. Und welches »Paradies« gemeint ist, bleibt ebenso offen.
Das Paradies ist nebenan II – 2019
Pigmente, Kreide und Acryl auf Leinwand, 200 x 120 cm
Pigmente, Kreide und Acryl auf Leinwand, 200 x 120 cm
Um nun zurückzukehren zur Ausgangsfragestellung in Bezug auf den Titel und der Frage »Who is afraid of the big bad wolf?« gibt die Parabel von den drei kleinen Schweinchen eine gedankliche Hilfestellung: Der böse Wolf kann zwar das aus Stroh und das aus Zweigen gebaute Haus vernichten, gegen das Steinhaus, in dem dann alle drei Zuflucht finden, kann er nichts ausrichten. Ist das also im übertragenen Sinne das »Paradies«?
»Who is afraid of blue, yellow and green?« lautet nicht nur der Titel dieser Ausstellung sondern auch der Titel zweier Kompositionen, die wie die bereits besprochenen Gruppen formal und inhaltlich aufeinander bezogen sind. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Gemälde aus wolkig ineinander verwobenen Farbschleiern mit zarten Blau- und Gelbtönen zu bestehen. Nach längerem Hinsehen mag sich jedoch die eine oder andere Figur identifizieren lassen – vielleicht eine Frau oder ein Hund, die einander entgegenstehen? Der gewählten Formensprache zum Trotz hebt die sanfte und helle Farbigkeit den möglichen Konflikt auf und lässt eine heitere Stimmung entstehen. Eine kleine Papierarbeit aus dem Jahr 2006, die »Hommage an Johannis Vermeer«, strahlt eine ähnlich friedvolle Stimmung aus. Die Komposition greift das Gemälde »Die Spitzenklöpplerin« von Jan Vermeer von Delft aus dem Jahr 1664 auf, reduziert diese auf wenige Farbwerte mit einem beherrschenden Gelb. An diesem Gelb wird schön der Unterschied zur aktuellen Serie deutlich: Während dieses einen wärmeren Farbton mit erdigen Nuancen besitzt, fließt in das kühlere Gelb von »Who is afraid of blue, yellow and green?« eine grünliche Note ein. Blau und Gelb vermischen sich fast unmerklich zu Grün.
Ich wünsche Ihnen nun einen spannenden Ausstellungsbesuch mit manchen Entdeckungen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.