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Farbfragmente


1996


Prof. Christa Reicher





Guten Abend,

ich möchte Sie alle herzlich zur Eröffnung der Ausstellung begrüßen; ich freue mich, dass so viele den Weg hierher gefunden haben. Begrüßen möchte ich besonders die Hauptperson des Abends, die Künstlerin Carla de Rijke.

Ich möchte zunächst etwas zur Idee der Ausstellung sagen:

Eine Anregung für diese Ausstellung hat der belgische Künstler Jan Hoet geliefert. Er hat 1986 eine bis dahin völlig neue Ausstellungsidee ins Leben gerufen mit der– auch in Deutschland sehr bekannt gewordenen – Ausstellung "Chambres d 'amis", was so vielbedeutet wie "Zimmer für Freunde". Drei Monate lang stellten ungefähr 50 Einwohner von Gent ihre Wohnung oder einen Teil davon ebenso vielen Künstlern zur Verfügung. Die Künstler - darunter auch Architekten - haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Räume, innerhalb der von den Bewohnern gezogenen Grenzen, zu etwas, was als Kunst wiedererkennbar ist, umzugestalten. Diese künstlerischen Aktionen reichten von Installationen in den Räumen zu Gemälden und Skulpturen im Garten. Diese Ausstellung war der Versuch, die Kunst in den Alltag, ins "wirkliche Leben" zu integrieren. Umso mehr erstaunt die Tatsache, dass diese Aktion von einem Museum ausging, das seine Fugen öffnen wollte. Einige Jahre später fand eine ähnliche Aktion in Lüttich statt. Hundert Fenster wurden innerhalb der Stadt unter einem bestimmten Thema, einer Idee umgestaltet. Diese Installationen sind sogar teilweise in eine Dauerausstellung übergegangen. Beides ist einerseits Integration der Kunst in den Alltag, aber genauso sehr Bewusstmachung durch die Kunst im Alltag.

Was mich an diesem Thema interessiert, ist diese Symbiose zwischen der Kunst und der Realität und gleichzeitig der Übergang von der Privatheit in die Öffentlichkeit. In einem Museum wird die Kunst neutralisiert, das Werk wird distanziert betrachtet, hier werden die Gemälde subjektiv gefärbt, sie werden stärker Teil des Lebens. Kunst ist einfach Teil und Ausdruck des Lebens.

Als ich zum ersten Male dieses Haus betreten habe – und das ist jetzt genau 2 Jahre her – hat mich dieser über 20 m lange Flur völlig fasziniert. Die Länge des Flures und auch die unterschiedlich breiten und hohen Räume haben mich öfter an eine Galerie denken lassen, und für die nächsten beiden Tage wird der Flur auch als solche genutzt.

Die Künstlerin Carla de Rijke kommt aus den Niederlanden, aus der Nähe von Gouda. Sie hat in Delft und in Paris Textildesign studiert, sie gründete in den Niederlanden ein Atelier für Textilkunst. In einigen der hier ausgestellten Bilder kommt dieser Hintergrund noch stark zum Ausdruck, insbesondere in den "Mustern“. Neben diesen Bildern gibt es zwei andere Themenreihen: räumlich-architektonische Eindrücke, Reihe "Shelter"; die fast schon Assoziationen von griechischem Tempel weckt. Frauenakte, plastische Darstellung menschlicher Körper. Was alle Bilder kennzeichnet ist die Ausdrucksintensität der Gemälde durch die Farbe und das Licht, die Farbwerte. Carla de Rijke hatte in den letzten Jahren mehrere Ausstellungen in Holland, zum Teil Gemeinschaftsausstellungen mit anderen Künstlern. Dies ist die erste Ausstellung von ihr in Deutschland und ich wünsche ihr für diese Ausstellung viel Erfolg.


»Was alle Bilder kennzeichnet ist die Ausdrucksintensität der Gemälde durch die Farbe und das Licht, die Farbwerte.«




Ihnen möchte ich einen schönen Abend wünscheund lade Sie nun ein zu einem Glas Sekt.




Mark